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Vision

Die Zukunft der Städte

Chris Barbalis on Unsplash

Wer sich mit der Zukunft der Menschheit im 21. Jahrhundert beschäftigt, der muss die Städte in jedem Fall mit in Betracht ziehen. Bis zur Mitte des Jahrhunderts werden fast 70% der Menschen in Städten leben. Schon heute haben die Städte eine enorm hohe Bevölkerungsdichte ‒ aber nicht nur das: Sie sind kulturelle Zentren, hier treffen unterschiedlichste Ethnien aufeinander und leben miteinander. Die Verkehrsdichte ist überdurchschnittlich hoch, ebenso der Verbrauch an Energie und natürlichen Ressourcen. Sie sind Ausgangspunkt der größten Innovationen und neuesten Entwicklungen. Städte haben ein riesiges Potential. Wenn dieses klug genutzt wird, ist es möglich, hier wahre Zukunfts-Oasen zu bauen ‒ mit hohem Lebensstandard, hoher Innovationskraft und sogar viel geringerem Pro-Kopf-Verbrauch an Energie und Ressourcen als im ländlichen Raum durch die Konzentration aller nötigen Services an einem Fleck und entsprechend kurzen Wegen. Gleichzeitig bergen Städte aber auch ein hohes Risiko. Bei Missmanagement bilden sich Slums, Müll verunreinigt Boden und Gewässer, Smog verpestet die Luft und das Verkehrschaos verstopft die ganze Stadt. In diesem Artikel wollen wir aber einmal die Vision einer erfolgreichen zukünftigen Stadt entwerfen.

Die Stadt der Zukunft ist ein in sich geschlossener Kreislauf. Abfall wird innerhalb der Stadt recycelt und wiederverwendet. Versiegelte Flächen sind auf ein Minimum reduziert, begrünte Dächer, Parks und Gewässer sammeln und filtern das Regenwasser auf natürliche Weise, die Verdunstung wiederum sorgt für angenehm kühles Innenstadtklima. Auch Lebensmittel werden zu einem großen Teil innerhalb der Stadt erzeugt, auf Dächern und an den Außenwänden der Häuser (vertical farming), sowie mithilfe extrem effizienter Technologien wie modernen Hydrokulturen. Kleine, lokale, biologische Gärten gehören genauso ins Stadtbild wie die vielen kleinen Restaurants, Geschäfte, Märkte und Kultureinrichtungen. Die ganze Stadt ist um die Natur herum designt, in den Parks und Wasseranlagen bilden sich artenreiche Ökosysteme.

Der Großteil des Verkehrs wird unter die Erde und in die Luft verlegt, das gibt den Menschen viel mehr Freiraum auf der Oberfläche und auch Krankentransporte und andere wichtige Fahrzeuge kommen besser voran. Außerdem wird die Luftverschmutzung und Lärmbelästigung erheblich reduziert. Durch einen hohen Anteil an öffentlichem Nahverkehr mit einem hohen Grad an Automatisierung sowie selbstfahrender Autos und selbstfliegender Drohnen wird der Verkehr insgesamt effizienter. Unterirdische Hochgeschwindigkeitszüge in Vakuum-Röhren verbinden die verschiedenen Stadtzentren. Jedes dieser Zentren ist eigenständig, sodass der innerstädtische Verkehr nochmals reduziert werden kann. Gut ausgebaute, begrünte Fuß- und Radwege sind das Mittel der Wahl für kürzere Distanzen. Fußgängerbrücken verbinden Hochhäuser miteinander, diese Abkürzungen verringern die Reisezeit erheblich. Sharing-Angebote für Autos, Fahrräder oder Drohnen komplettieren das städtische Verkehrssystem.

Auch die Energie wird zum größten Teil direkt in der Stadt erzeugt ‒ mittels Solarpanels, die in die Fassaden integriert sind und Windturbinen an den Hochhäusern, denen die Luftströme durch ein intelligentes Layout der Stadt direkt zugeleitet werden. Mittels Geothermie kann der Wärmebedarf gedeckt werden, der durch energiesparendes Gebäudedesign auf ein Minimum reduziert wurde.

Die Stadt ist stark konzentriert, das Umland dagegen weitgehend unberührt, um der Natur Freiraum zu verschaffen. Die einzelnen Städte sind durch ein Netz an Hochgeschwindigkeitszügen und über fliegende Verkehrsmittel miteinander verbunden, sodass die Auswirkungen auf die umliegenden Ökosysteme so gering wie möglich gehalten werden. Biologen wie der US-Amerikaner E. O. Wilson fordern, die Hälfte der Erdoberfläche unter Schutz zu stellen, um die Natur und Artenvielfalt langfristig zu erhalten. Dies kann überhaupt nur gelingen, wenn wir die Bevölkerung in Städten konzentrieren. Aber dafür müssen diese auch wirklich für jeden lebenswert sein.

Im Gegensatz zu dieser Konzentration ist die Stadt selbst dezentral organisiert. Einkaufsmöglichkeiten, Wohnraum, Arbeitsstätten und Freizeiteinrichtungen sind über die Stadt verteilt und nicht voneinander getrennt, was den Pendelverkehr minimiert. Die Verteilung der Gebäudestruktur unterstreicht die Dezentralität: Hochhäuser existieren auch in den äußeren Bereichen der Stadt, um auch dort den vorhandenen Platz optimal zu nutzen. Gleichzeitig ist die Skyline der Innenstadt auch von niedrigeren Gebäuden geprägt, die das Sonnenlicht bis auf den Boden durchlassen.

Unzählige Sensoren und smarte Algorithmen überwachen die Luftqualität, den Verkehrsfluss, Energieströme und Indikatoren für die Gesundheit des lokalen Ökosystems. Selbstverständlich werden dabei ausschließlich anonyme Daten gesammelt. Sämtliche Informationen werden transparent veröffentlicht, z. B. über große digitale Anzeigetafeln und über die Stadt-App.

Bleibt noch die Frage, wie man es schafft, die heutigen Städte in solche Zukunftsorte zu verwandeln. Abreißen und neubauen sollte dabei das letzte Mittel der Wahl sein. Eine lebenswerte Stadt zeichnet sich auch gerade durch ihre Mischung aus alten und neuen Gebäuden und verschiedenen Stilrichtungen aus. Historische Gebäude bleiben erhalten, alte Gebäude, die ihren Zweck verloren haben, können umgenutzt werden und durch geschickte Erweiterungen aufgewertet werden, das ist wahrscheinlich in den meisten Fällen nicht nur günstiger sondern auch ökologisch sinnvoller. V. a. im kulturellen Bereich gibt es dafür ein großes Potential (ein gutes Beispiel dafür ist die Umnutzung der ehemaligen Bergbauanlagen im Ruhrgebiet im Rahmen des Strukturwandels, die zu Naherholungsgebieten, Ausstellungshallen und Konzertsälen umfunktioniert wurden). Ausgewählte niedrigere Gebäude werden aufgestockt, ggf. indem um die Gebäudehülle herum ein neues tragendes Fachwerk gebaut wird, welches die zusätzlichen Lasten abfängt. Viele versiegelte Flächen wie Parkplätze und Straßen können renaturiert werden, sobald der Verkehr unter die Erde verlegt wurde.

Im Zusammenspiel mit sozialen und wirtschaftlichen Maßnahmen schafft man so hoffentlich eine Stadt, in der alle ihre Bewohner gerne leben und die im Einklang mit der sie umgebenden Natur existiert.

Was sind eure Wünsche und Visionen?

Lebt ihr selbst in einer Stadt und habt eigene Wünsche zu Verbesserung der Lebensqualität? Oder würdet ihr gerne in die Stadt ziehen, wäre da nicht dieser ganze Verkehrslärm? Schreibt gerne in den Kommentaren, was euch für eine wirklich lebenswerte Stadt wichtig wäre.

Quellen

[1] „Cities of the Future.“ In: National Geographic Magazine, Ausgabe April 2019.

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