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Für echte Veränderung

Weniger Fleisch essen

Edgar Castrejon on Unsplash

Weniger Fleisch essen – oder gar ganz darauf verzichten – das ist nicht natürlich und die Welt retten tut man damit eh nicht. Wir Menschen sind nun einmal Fleischfresser und wem die Tiere leid tun, die wir essen, mit dem stimmt irgendetwas nicht.

Auch wenn ich diese einleitenden Worte bewusst provozierend formuliert habe – die meisten Menschen würden das wohl insgeheim unterschreiben. Wenn du dazu gehörst, dann lies diesen Artikel. Nein, ich mache hier keine Stimmung gegen die „bösen Fleischesser“, sondern möchte ohne Wertung über die Auswirkungen unseres Fleischkonsums aufklären. Problematisch ist dabei meiner Meinung nach nicht das Fleischessen an sich, sondern die Menge und die Art und Weise, wie das Fleisch produziert wird – und das in mehrfacher Hinsicht, wie ich weiter unten erläutern werde.

Und wenn du zu denjenigen gehörst, die beim Lesen der Einleitung schon richtig wütend wurden, dann lies auch diesen Artikel, denn lösen können wir diesen Streit nur gemeinsam und nicht gegeneinander.

Beginnen möchte ich mit einem kleinen Rückblick in unsere Geschichte. Denn dass wir Fleischfresser sind stimmt nicht ganz – wir sind Allesfresser. Geht man davon aus, dass die Geschichte des Homo Sapiens vor ca. 150.000 begann, waren wir den allergrößten Teil dieser Geschichte als Jäger und Sammler unterwegs. Dass wir dabei so großes Jagdglück hatten, dass wir uns täglich von Fleisch ernähren konnten, ist fraglich, auch wenn es dabei natürlich große regionale Unterschiede gab. Auch nach der neolithischen Revolution vor ca. 20.000 bis 10.000 Jahren und dem Beginn von Ackerbau und Viehzucht wird sich der Fleischkonsum nicht stark erhöht haben, weil die gehaltenen Herden wahrscheinlich nicht so groß waren, dass man ständig Tiere schlachten konnte. All das ist natürlich mit großen Unsicherheit belegt, doch es deckt sich mit den Erkenntnissen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), die basierend auf gesundheitlichen Untersuchungen nicht mehr als 300 bis 600 g Fleisch pro Woche empfiehlt, wobei weniger ausdrücklich nicht gesundheitsschädlich ist [1]. Evolutionär bedingt sind wir eben optimal auf einen mäßigen Fleischkonsum angepasst. Der hohe Fleischkonsum von heute ist ein Luxus, den die meisten Menschen tatsächlich erst seit einigen Jahrzehnten genießen.

Eigentlich könnte man an dieser Stelle schon aufhören, denn jetzt können wir den Fleischkonsum geschichtlich und gesundheitlich einordnen und jeder kann entscheiden, was das für sie oder ihn bedeutet. Doch leider haben sich im Zeitalter der Moderne mit ihrem technischen Fortschritt und dem rasanten Bevölkerungswachstum noch einige weitere Fragen ergeben, die wir beachten müssen.

Welternährung

Das Problem bei der Tierhaltung ist der große Flächenverbrauch nicht nur für die Tiere selbst, sondern auch für die Futtermittel. Für Rindfleisch werden ca. 27,0 m²/kg benötigt, für Schweinefleisch 8,9 m²/kg – und z. B. für Kartoffeln nur 0,2 m²/kg [2]. Vor dem Hintergrund einer stetig steigenden Weltbevölkerung stößt die zur Verfügung stehende Fläche bei einem hohen Fleischkonsum also schnell an ihre Grenzen. Wenn wir für alle Menschen eine sichere Lebensmittelversorgung gewährleisten wollen (das ist eines der Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen), dann ist das ein ganz entscheidender Faktor.

Klima

Auch die Klimabilanz von Fleischerzeugnissen sieht wesentlich schlechter aus als die von pflanzlichen Nahrungsmitteln. Die Tiere verbrauchen Sauerstoff und stoßen CO2 und Methan aus. Hinzu kommt, dass ein Großteil des Tierfutters (hauptsächlich Soja) aus dem Ausland importiert wird, das meiste davon wiederum aus Brasilien [2], das für die Abholzung des Amazonas-Regenwalds bekannt ist.

Artenvielfalt

Der intensive Futtermittelanbau unter Einsatz von Pestiziden, die Abholzung des Regenwalds, die Konzentration auf besonders ertragreiche Nutztierarten – das alles trägt einen entscheidenden Beitrag zum Artensterben bei. Während eine geringe Anzahl an Nutztieren für einen natürlichen landwirtschaftlichen Betrieb sogar erforderlich ist, um Nährstoffkreisläufe zu schließen und die Artenvielfalt zu erhalten, bringt eine industrielle Massenproduktion die Natur aus dem Gleichgewicht.

Gesundheit

Die industrielle Massentierhaltung ist erst durch die Einführung von Antibiotika und anderen Medikamenten möglich geworden. Dadurch konnte die Effizienz massiv gesteigert werden, leider auf Kosten der langfristigen Gesundheit der Menschen (und Tiere), da sich so multiresistente Keime bilden konnten und das Grundwasser mit chemischen Mitteln belastet wurde. Bei einer reduzierten Fleischproduktion kann auf solche Maßnahmen verzichtet werden.

Soziale Aspekte

Bedingt durch die hohe Nachfrage nach billigem Fleisch ist der Kostendruck immer größer geworden. Ohne Subventionen von der EU würde dieses System gar nicht mehr funktionieren und v. a. kleinere Betriebe würden Pleite gehen. Schon minimale Anforderungen an das Tierwohl, wie die Abschaffung des Kastenstands für Schweine, sind für viele Tierhalter eine echte Bedrohung.

Tierwohl

Für viele Menschen ist das Tierwohl der zunächst ausschlaggebende Grund, sich für eine hauptsächlich oder sogar vollständig pflanzliche Ernährung zu entscheiden. Wie gezeigt, ist es aber mitnichten der einzige Grund, der für eine Reduktion des Fleischkonsums spricht.

Und was heißt das jetzt für mich?

Das muss natürlich jeder selbst entscheiden. Ich hoffe, ich konnte dir hier einige neutrale Fakten und ein bisschen Anregung für eigene Gedanken mitgeben, die dir helfen, den eigenen Fleischkonsum zu reduzieren. Für Ergänzungen und eigene Einschätzungen bin ich natürlich sehr dankbar!

Quellen

[1] Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.: „10 Regeln der DGE.“ https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/10-regeln-der-dge/

[2] WWF: „Fleisch frisst Land.“ https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF_Fleischkonsum_web.pdf

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